Der Hausbau

Die glücklichen Anwärter auf eine Siedlerstelle im 1. Bauabschnitt mußten einen Kaufpreis von 6.500 RM für eine Doppelhaushälfte und 7.000 RM für ein Einzelhaus, davon 1.750 RM Eigenkapital erbringen. Die finanzielle Belastung lag bei 28 RM bzw. 32 RM im Monat. Der Wochenlohn eines gelernten Schiffbauers auf dem Bremer Vulkan betrug 1937/1938 38 RM brutto. Die am Bau geleistete Eigenarbeit wurde angerechnet.
Es ist heute kaum vorstellbar, wie die Menschen es damals schafften, die Siedlung in relativ kurzer Zeit überwiegend in Handarbeit ohne Hilfe moderner Maschinen, noch dazu auf harten, lehmigen Untergrund zu bauen. Eine Bewohnerin des Rivenkamps berichtet, daß viele Siedlerfrauen beim Ausheben der Baugruben mitgeholfen haben.

Die Energieversorgung der Häuser war sozusagen Grundstandard: Strom lieferte ein einfaches Freileitungsnetz. Wasser holte man sich mit Zinkeimern aus den Gemeinschaftsbrunnen. Für Heizwärme sorgte der mit Kohle oder Holz beschickte Küchenherd. Nur wenige Häuser hatten bereits einen Stadtgasanschluss in der Küche. Ähnlich simpel war das damalige Entsorgungssysstem: So wurden z.B. die Produkte der Plumpsklos in Gruben aufgefangen und als Volldünger im Garten eingesetzt. Die Größe der Erdbeeren konnte damit maßgeblich beeinflusst werden. Die Straßen, z.B. die Feldstraße (heutige Dobbheide), waren auf einem Untergrund aus Fliesenabfall und damit bestens für Kinderwagen geeignet.

Zum Vergleich: Die fast 10 Jahre später im 3. Bauabschnitt nach dem Krieg errichteten Häuser mit 800 m² großem Grundstück kosteten DM 18.000 bei einer monatlichen Belastung von DM 66.

Die Architektur der Häuser war einfach und funktionell. Jede Familie verfügte über zwei Schlafzimmer, eine Wohnküche, Stube, Waschküche, Speisekammer, einen Teilkeller und ein Stallgebäude für Brennmaterial, Kleintierhaltung und "Plumpsklo".

Wie gering damals die Ansprüche und die finanziellen Möglichkeiten waren, zeigt sich darin, daß das Alltagsleben sich in und rund um die Wohnküche abspielte. Die "gute Stube", ein unerhörter Luxus, war fast das ganze Jahr über für die Familie tabu und wurde nur zu Weihnachten und besonderen familiären Anlässen feierlich geöffnet. Den Familien, an engste Wohnverhältnisse gewöhnt, müssen die Siedlungshäuser damals riesengroß erschienen sein. Eine Altsiedlerin erinnert sich, daß sich ihre Kinder nach dem Umzug von Blumenthal zum Fuhrenkamp (heute Grenzknick) "wie die Könige" gefühlt hätten.